Elektromobile Erfahrungen

Nachdem ich nun schon einige Kilometer mit meinem neuen elektrischen Vögelchen absolviert habe, ist es Zeit für ein erstes Resumee. Einige Kilometer, naja… ich habe die maximalen jährlichen Leasingkilometer schon nach sieben Monaten erreicht, aber wenn es so viel Spaß macht was solls 😉

Hier ein bisschen artsy

Vorausgeschickt sei, dass ich schon längere Zeit sehr interessiert am und neugierig auf den Elektroantrieb war. Ich habe also einen durchaus positiven Blick auf die Sache, werde aber versuchen, auch Kritikpunkte nicht zu verschweigen. Für mich persönlich war der Umstieg vom Opel Zafira Superbenziner Baujahr 2007 auf den ID.3 Baujahr 2021 jedenfalls ein Erlebnis. Allein die technischen Fortschritte im „Cockpit“ sind andere Welten, und der Antrieb macht echt viel Spaß. Mich animiert der Elektroantrieb meist zum sehr gemütlichen Fahren, dahingleiten sozusagen, aber wenn man mal überholen möchte, sind die 150 elektrischen kW schon eine ganz andere Liga als die 75 Benziner kW. Kaum steigt man rein, ist man auch schon vorbei :). Aber der Reihe nach:

Reichweite
Für Viele das Wichtigste und auch das meist diskutierte Thema – wie weit komme ich mit der Karre? Natürlich muss man sich auf geringere Reichweiten einstellen, und auch der „Tankvorgang“ dauert länger, alles andere wäre gelogen. Das sollte man schon vor einem Umstieg wissen und akzeptieren bzw. mit dem eigenen Nutzerprofil abgleichen.
Laut WLTP macht der ID.3 mit der 58kWh Batterie zumindest 416km, praxisnahe würde ich sagen im Sommer 300-350km je nach Fahrprofil und Autobahnanteil bzw. Fahrgeschwindigkeit, im Winter 200-250km. Ja, das ist ein großer Unterschied, größer als ich erwartet habe, aber die Akkuchemie und auch die zusätzlichen Verbraucher der Beheizung (Innenraum, Akku) lassen den Winterverbrauch um real um 25-30% steigen, trotz verbauter Wärmepumpe. Und natürlich hat auch die Geschwindigkeit einen großen Einfluss. Die Physik lehrt uns, dass der Luftwiderstand quadratisch mit der Geschwindigkeit steigt, daher macht eine Steigerung von 110 auf 130km/h schon einen großen Unterschied. Gegenwind und Steigungen natürlich ebenso. Ich persönlich fahre auf der Autobahn fast immer 120km/h, darauf basieren auch meine Angaben.

Aufladen
Ich bin gleich zu Anfangs oft einfach losgefahren und habe darauf vertraut, unterwegs eine Lademöglichkeit zu suchen und zu finden. Was auch immer gut geklappt hat, die Anzahl und Verteilung der Ladestationen ist schon so gut, das man fast überall eine Lademöglichkeit in der Nähe hat. Dennoch ist es sinnvoll, vor Fahrtantritt zu checken, ob auf der Strecke und/oder am Ziel Stationen sind, vor allem DC-Schnellader sind noch nicht so häufig wie die AC-Lader mit 11 oder 22kW. Und das ist wesentlich, mit 11kW AC dauert eine Ladung von 20 auf 80% ca. 3,5 Stunden, mit DC 50kW nur rund 40 Minuten. Und es geht auch noch schneller. Wenn der Akku gut vorgewärmt ist lädt er mit bis zu 100kW, das sind dann nur noch gut 20 Minuten für fast voll. Ideal mit einer Kaffee- und Pippipause zu verbinden.
Aber auch hier muss man die Unterschiede zum Verbrenner akzeptieren. Eine lange Strecke fahren, dann schnell tanken und weiter gehts – ist nicht. Beim Elektrischen hat es sich als ideal herausgestellt, alle Lademöglichkeiten zu nutzen, die sich unterwegs bieten, und immer nachzuladen. Viele Stadtzentren, Malls, Geschäfte, Garagen, Wanderparkplätze, usw. haben bereits eine Lademöglichkeit, einfach mal drauf achten. Ein Mal volltanken im Monat und das wars ist aber jedenfalls passé.


Verbrauch und Kosten
Nachdem ich über einen Zeitraum von sieben Monaten die Aufladedaten protokolliert und auch noch Vergleichsdaten vom vorherigen Verbrenner zur Verfügung habe, hier eine kleine Auswertung der Daten:

Zeitraum:Juli 2021 – Jänner 2022Juli 2019 – Jänner 2020
VW ID.3Opel Zafira
Kilometerleistung12.891 km7.990 km
Verbrauch2.294 kWh Strom671,65 l Superbenzin
das entspricht energetisch273,13 l Benzin5.641,86 kWh Strom
Verbrauch je 100 km17,8 kWh/100km8,40 l/100km
Kosten je 100km5,44 EUR/100km10,21 EUR/100km
Kosten Energie0,3059 EUR/kWh1,2157 EUR/l
Umrechnung Energie: 1l Benzin = 8,4 kWh



Die laufenden „Spritkosten“ des elektrischen Fahrzeuges liegen also in etwa bei der Häfte des Benziners. Da auch die erwartbaren Servicekosten geringer ausfallen und die Haftpflichtprämie deutlich billiger ist, sind die Betriebskosten im Vorteil. Allerding ist aufgrund des größeren Anschaffungspreises erst bei höherer Kilometerleistung ein Gesamtkostenvorteil zu erreichen. Interessant zu sehen ist auch, mit wie wenig Benzin man die Energie, die der Elektrische verbraucht hat erreicht, und wie viel Strom man für den Energiebedarf des Benziners aufwenden müsste, Wirkungsgrad 65% vs. 20% sei Dank.
Auch interessant die folgende Betrachtung, wenn man den theoretisch verbrauchten, jeweils anderen Energieträger in Kosten umrechnet:

Theoretische Kosten bei
vertauschen Energieträgern
2,58 EUR/100km
(aus Benzin)
21,58 EUR/100km
(aus Strom)

Und zuletzt, wie weit würde man kommen, wenn man die verbrauchte Energiemenge des Elektrischen im Benziner verbrennen würde, und umgekehrt:

Theoretische Reichweite aus dem
entsprechenden Benzin bzw. Strom
31.700 km
(Elektrischer mit
Benzin-Energie)
3.253 km
(Benziner mit
E-Energie)

Technische Spielereien
Damit auch alle technischen Novitäten des Autos ausgeschöpft werden können habe ich das Ausstattungspaket „Tech“ gewählt, in dem sind alle Assistenzsysteme und technischen Spielereien in der maximalen Ausstattung enthalten. Das sind z.B.
Fahrassistenten:
Das Auto verfügt über die folgenden erweiterten Fahrassistenten:
Spurhalteassistent (Lane Assist): Meldet sich mit Gegenlenken, Lenkradvibration und Einblendung im Headup-Display sobald man die Fahrspur über die Rand- oder Mittelmarkierung zu verlassen droht (standardmäßg immer aktiv).
Automatische Distenzregelung (ACC): Es wird die Tempomatgeschwindigkeit nach Möglichkeit gehalten, bei Annäherung an ein vorausfahrendes Fahrzeug aber mit veränderbarem Abstand angepasst. Funktioniert hinunter bis Stop and Go.
Fahrassistent (Travel Assist): Eine Kombination aus Tempomat, ACC, Spurhalteassistent und Verkehrszeichenerkennung. Das Fahrzeug wird in der Mitte der Spur gehalten, das Lenkrad muss aber in der Hand gehalten werden. Der einstellbare Abstand zum Vordermann wird geschwindigkeitsabhängig eingehalten. Die Geschwindigkeit der jeweils erlaubten angepasst. Wirklich gut au´f der Autobahn, man muss (zumeist) nur noch lenken.
Notbremsassistent (Front Assist): Erkennt bevorstehende Kollisionen mit Fahrzeugen oder Fußgängern, warnt und bremst notfalls automatisch. Löst gelegentlich falsch aus, aber immer nur mit Warnung.


Bedienungshilfen:
Head-Up Display: Einspiegelung von aktuellen Daten zu Geschwindigkeit, Fahrassistent, Navigation usw. in der Frontscheibe im Fahrersichtfeld. Fancy, vor allem die großen Pfeile zur Unterstützung der Navigation sind praktisch.
Dynamisches (Fern)Licht / Matrixlicht: Automatisches Ein-/Ausschalten des Fernlichtes abhängig von Ortsgebiet und Beleuchtungssituation. Abdunkeln von Teilen des Fernlichtkegels bei Gegenverkehr. Automatisches Schalten von Tagfahr- auf Abblendlicht. Die Ausleuchtung ist insgesamt sehr gut und hell, das Abblenden des Fernlichtes funktioniert auch ohne Vergessen auf das Blenden des Gegenverkehrs.

Head Up Display während der Navigation


Unterhaltung:
Ambient-Beleuchtung und Entertainment: Fancy 30-färbig einstellbares Ambient-Innenlicht im Fußraum und diversen Öffnunden der Verkleidung. Logoprojektion vom Türgriff auf den Boden. Dynamische Blinker und „Zwinkern“ der Blinker zur Begrüßung und Veranschiedung des Fahrers. Entbehrlich, aber lustig. Entertainmentsystem für Musik- und Videoplayer auch via USB-C Stick.


Fazit
Ich habe vor der Anschaffung viel über E-Fahrzeuge gelesen und viele Nutzer haben gesagt, sie würden den Wagen nicht mehr zurücktauschen wollen. Das ist auch meine Erkenntnis, dazu macht das Fahren mit dem Elektrischen zu viel Spaß und bietet sehr ordentlichen Komfort. Die Assistenzsysteme funktionieren insgesamt sehr gut, wenn auch nicht zu 100% fehlerfrei. Der Softwarestand (aktuell 2.3) ist schon funktional ausgereift, dennoch kann es mal haken, ist halt doch auch ein Computer auf Rädern. Wenn man den deutlich höheren Anschaffungspreis akzeptiert und auch gewillt ist, hinsichtlich der Lademöglichkeiten vor und während einer Fahrt mehr zu planen, dann bekommt man ein Komfort-, Kraft- und Spaßpaket mit überwiegend positivem, ökologischem, und bei häufiger Nutzung auch insgesamt einem ökonomisch positiven Effekt. Ich mag auch das Gefühl, ein bisschen im Neuland, und manchmal auch ein wenig abenteuerlich unterwegs zu sein. Für extreme (Urlaubs)Langstrecken kann man sich ja die ein oder zwei Mal im Jahr auch einen Diesel-Bus ausborgen und dann 1.000 Kilometer am Stück fahren.

Links / Quellen:
VW ID Forum. Interessante Infos und Diskussionen zur VW ID Serie.

www.meinid.com
EMC Elektro Mobilitätsclub Österreich. Interessensgemeinschafft, gibt eine sehr praktikable Ladekarte für fast alle Anbieter in Österreich an Mitglieder heraus.
www.emcaustria.at
Chargeprice App. Sehr hilfreich im Tarifdschungel der Ladeanbieter. Berechnet die voraussichtlichen Kosten jedes Anbieters.
www.chargeprice.app

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