Ich habe vor etlichen Jahren mitten in meiner Hecke einen zufällig aufgegangenen, kleinen Baum gefunden, gerade einmal 20cm hoch. Aufgrund der Blätter als Pfirsich identifiziert wurde ich neugierig und habe das Bäumchen an einen anderen Platz im Garten mit mehr Platz und Sonne verpflanzt. Über die Jahre ist schnell ein ansehnliches Bäumchen daraus geworden. Es hat sich als Weingartenpfirsich entpuppt, das große und sehr schmackhafte Früchte trägt.



Leider hat es im Vorjahr unter eine Krankheit (Kräuslkrankheit?) sehr gelitten. Es sind fast alle Blätter und viele der unteren Äste abgestorben. Am Bild von 2023 sieht man eine gewisser Erholung, neue Blätter und Triebe in der Krone. Allerdings bin ich mir nicht sicher, ob es den nächsten Winter gut überstehen wird. Nachwuchs für den Notfall muss also her!
Der Weingartenpfirsich ist eine Ausnahme bei den Ostbäumen, er wird zumeist nicht veredelt und kann unter Erhaltung der Eigenschaften aus dem Samen/Kern gezogen werden. Bei den allermeisten Obstbäumen geht das so nicht. Diese werden veredelt, d.h. ein Trieb oder Auge der zu vermehrenden Sorte wird auf eine so genannte Unterlage aufgebracht (durch Pfropfen, Okulieren, o.ä). Der Baum wurzelt dann mit der Sorte der Unterlage (bestimmt Wachstum, Robustheit usw.) in der Erde und trägt eine Krone aus der Edelsorte. Wenn man Äpfel, Birnen, Zwetschgen o.a. aus dem Kernen aufzieht weiß man nicht was man bekommt – die Eigenschaften der Frucht gehen verloren, man ist dem genetischen Zufall ausgeliefert.
Normalerweise keimt der Samen/Kern des Pfirsichs nur schwer und langsam. Schließlich ist er in einer dicken und harten Schale eingeschlossen. In der Natur benötigt der Samen auch etliche Wochen Frost um zu erkennen, dass es nach dem Ende des Frostes Frühling ist und somit Zeit zu keimen. Um das nachzubilden kann man die Kerne auch lange in die Tiefkühltruhe geben, und dann einsetzen und warten. Die Erfolgsquote ist allerdings nicht hoch, umso höher muss die Geduld sein.
Einfacher ist es, die Schale zu entfernen und nur den innersten Kern einzupflanzen. Dann keimt er unmittelbar auch ohne Kältebehandlung – und das geht so:
Die Dicke und harte Schale des Kerns wird geknackt, am einfachsten geht das in einem Schraubstock. Danach für einige Stunden in Wasser einlegen, damit die dünne braune Haut weich wird und sich ablösen lässt. Ganz so, wie man es von Mandeln zum backen kennt.



Vorsicht ist geboten, um nicht die feine, kleine Spitze zu beschädigen. Aus dieser wächst später die Wurzel. Daher darf sie beim Einpflanze auch nicht nach oben zeigen. Ich habe alle Kerne waagrecht eingesetzt, dann können Wurzel und Trieb leicht nach oben und unten wachsen. Also ab damit in die Erde (maximal ein Zentimeter Überdeckung), angießen und feucht halten.
Nach nicht einmal zwei Wochen kam die erste Triebspitze an die Oberfläche!



Von den insgesamt neun vorbereiteten Kernen haben fünf ausgetrieben, das ist keine schlechte Quote. Und schon nach wenigen Wochen werden die Bäumchen so groß sein, wie ich den ursprünglichen Sämling einst fand. Ein schöner potentieller Ersatz für den kranken Baum, oder besser: Ein Zweit- oder Drittbaum für den Garten!
Fotos: Autor
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